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↓ Uhrenbegeisterung der Neuzeit
↓ Gedicht: Stolz
↓Nürnberger Eier
Uhrenboom und Uhrenbegeisterung ab dem 16. Jahrhundert
Mit der Erfindung des Federzugs und kleiner, federgetriebener Uhrwerke konnten kleine, transportable, also persönliche Uhren konstruiert werden. Die Uhrenindustrie blühte auf. Ihre Hochburg war, wie schon für die Herstellung der Sanduhr, Nürnberg. Der bedeutendste Uhrenbauer seiner Zeit, Peter Henlein, lebte hier. Er baute ab 1510 kleine Tischuhren, Taschenuhren und Sackuhren.
Ein Zeitgenosse Henleins schrieb im Jahre 1511 begeistert:
Es werden täglich schwierigere Dinge erfunden. So hat Peter Henlein, ein junger Mann, Werke gemacht, welche selbst bei den größten Mathematikern Bewunderung erregen; denn aus wenig Eisen baut er Uhren mit sehr viel Rädern, welche wie immer gelegt, ohne jedes Gewicht 40 Stunden zeigen und schlagen, auch wenn sie auf der Brust oder in der Börse getragen werden.
Uhren, die man nicht "stellen" musste
Eine Uhr zu stellen bedeutete bis dahin, die Sonnenuhr so hinzustellen, dass der Schatten im richtigen Winkel fällt bzw. die abgelaufene Sanduhr umzudrehen oder sie gerade hinzustellen, dass der Sand ungehindert rinnen kann. Henleins Uhren brauchte man so gesehen nicht mehr zu stellen; das Bemerkenswerte war, dass sie in jeder Lage gingen. Um dies zu erreichen, hatte Henlein die Federn seiner Uhren mit noch größerer Präzision gebaut und die Gangregelung entschieden verbessert.
Stolz
Wie stolz
sind deine Eltern auf dich gewesen;
du hast schon als Kind gelernt,
die Uhr zu lesen.
Du hast gelernt, den Tag zu teilen,
die Sekunden zu bestimmen,
die Uhr zu stellen,
im Takt zu eilen.
Wie stolz
bist du auf dich gewesen.
Du hast geforscht und weißt,
welche Kraft die Uhr treibt,
wie jedes kleinste Teilchen heißt.
Du hast die Technik
schon immer geliebt.
Kein Geheimnis für dich,
die Uhr an der Wand,
die Uhr auf dem Turm,
die Uhr in der Hand.
Wie stolz
sind alle auf dich gewesen.
Hättest du gelernt,
so den Menschen zu lesen,
seine Gefühle zu verstehen,
Freud und Leid ihm anzusehen.
Hättest du gelernt,
welche Kraft ihn trägt,
welcher Traum ihn treibt,
was ihn zerschlägt.
Hättest du gelernt,
mit ihm die Zeit zu teilen,
mit ihm Hoffnung zu suchen,
bei ihm zu verweilen,
ihn zu lieben,
zu verstehen,
ihn im Mittelpunkt zu sehen.
Hättest du gelernt,
ihn so zu lesen,
wie stolz wäre dein Gott
auf dich gewesen.
Ein-Zeiger-Uhr als Taschenuhr
In Eiform konstruierte man die Henleinuhren erst nach seinem Tod. Seine Uhren waren noch klobig und hatten noch nicht die ausgeklügelte Unruh. Dieses taktgebende Schwungrädchen, direkt verbunden mit der Spiralfeder, wurde erst vom bekannten niederländischen Physiker, Mathematiker und Astronom Christian Huygens im Jahre 1658 entwickelt.
Erst die Unruh ermöglichte die Konstruktion und den Siegeszug der Nürnberger Eier; auch wenn viele Bücher irrtümlich berichten, Henlein habe die Nürnberger selbst schon "gelegt". Da konnten manche Autoren den Wortspielen nicht widerstehen. Aber der Name des bekannten Henlein hat sicherlich dazu beigetragen, dass findige Geschäftsleute später das Uhrwerk in eine metallene Eiform packten. Diese Nürnberger Eier gingen um die Welt.
Die Taschenuhren des Peter Henlein und seiner unmittelbaren Nachfolger im 16. Jahrhundert hatten lediglich einen Stundenzeiger. Es waren sogenannte Ein-Zeiger-Uhren. Ab der zweiten Hälfte des folgenden Jahrhunderts kam ein Minutenzeiger hinzu; und erst im 19. Jahrhundert der Sekundenzeiger.
Foto: pixabay Carol Daniels (Alte Taschenuhr)